Sonntag, 23. November 2014

2. Akt, 6. Szene



P – Präsident, F – Ferdinand, L – Luise, M – Miller, Fr – Frau

P: Da ist er (Ferdinand) schon.
F: Im Haus der Unschuld.
P: Wo der Sohn Gehorsam gegenüber dem Vater lernt?
F: Lass Sie uns das …
P (zu Miller): Er ist der Vater?
M: Stadtmusikant Miller.
P (zur Frau): Sie die Frau?
Fr: Ach ja, die Mutter.
F: Vater (Miller), bringen sie die Tochter (Luise) weg. Sie droht ohnmächtig zu werden.
P: Überflüssige Sorgfalt. Ich werde sie schon wieder aufwecken. (zu Luise) Wie lange kennen Sie meinen Sohn schon?
L: Ich wollte ihn nie kennenlernen. Er besucht mich seit November.
F: Betet sie an.
P: Hat man Ihnen (Luise) Versprechen gemacht?
F: Gerade eben die feierlichste im Angesicht Gottes.
P: Zur Beichte deines Leichtsinns wird man dir schon das Zeichen geben. Ich warte auf Ihre (Luises) Antwort.
L: Er schwur mir die Liebe.
F: Und wird sie halten.
P: Muss ich befehlen, dass du schweigst? Haben Sie den Schwur denn angenommen?
L: Ich erwiderte ihn.
F: Der Bund ist geschlossen.
P: Ich werde das Echo (Ferdinand) rauswerfen lassen. Aber er bezahlte Sie doch jederzeit bar (wie eine Hure)?
L: Ich verstehe die Frage nicht.
P: Nicht? Nun! Ich meine, es hat doch ein jedes Handwerk seinen Preis. Und ich hoffe, auch Sie haben Ihre Gunst/Ihren Dienst nicht umsonst verschenkt. Oder wollten Sie nur Geschlechtsverkehr haben?
F: Was war das denn jetzt?
L: Ferdinand, jetzt bist du frei.
F: Vater! Ehrfurcht befiehlt die Tugend auch im Bettlerkleid.
P: Eine lustige Zumutung! Der Vater soll die Hure des Sohns respektieren.
F: Vater! Sie konnten einst ein Leben an mich fordern! Jetzt ist es bezahlt. Der Schuldbrief der kindlichen Pflicht liegt zerrissen da …
M: Eure Exzellenz. Das Kind ist des Vaters Arbeit. Wer das Kind beleidigt, beleidigt auch den Vater.
P: Möchte der Kuppler auch was sagen? Nachher…
M: Ich heiße Miller. Mit Liebschaften kann ich Ihnen nicht dienen. Solange es am Hof genug Mätressen gibt, müssen die Bürger keine liefern.
Fr: Um Himmels Willen! Du bringst Weib und Kind um.
M: Deutsch und verständlich. Eure Exzellenz schaltet und waltet im Land. Das ist meine Stube. Und den ungehobelten Gast (den Präsidenten) werfe ich zur Tür hinaus.
P: Was? Was soll das?
M: Nur meine Meinung.
P: Ins Gefängnis mit ihm. Holt die Gerichtsdiener! Stellt die Mutter und die Hure von Tochter an den Pranger. Ein solches Gesindel sollte meine Pläne zerschlagen und Vater und Sohn aneinander hetzen? Ha! Ich will meinen Hass an eurem Untergang sättigen.
M: Frau, schau nach deinem Kind. Ich laufe zum Herzog.
P: Zum Herzog willst du? Dafür musst du erst an mir vorbei. Versuch es, wenn du angekettet im Kerker liegst.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen