Die erste Szene des ersten Aktes aus dem Drama „Kabale und
Liebe“ von Friedrich Schiller, das 1784 uraufgeführt wurde, behandelt einen
Dialog zwischen Herrn Miller, der sich über die Beziehung zwischen Ferdinand
und seiner Tochter, Luise, aufregt und seiner Frau, die versucht, die Vorteile
dieser Beziehung zu sehen und ihren Mann umzustimmen.
Herr und Frau Miller halten sich in ihrem Heim auf und
diskutieren über die Beziehung zwischen Luise und Ferdinand, welche nach der
Meinung von Herrn Miller, nur schlecht ausgehen könne. Frau Miller hingegen
glaubt an eine wahre Liebe zwischen den beiden und sieht die Vorteile der
Beziehung. Ihr Mann möchte seine Tochter aber nicht verkaufen und glaubt, dass
der einzige Ausweg aus der Situation ein Gespräch mit Ferdinands Vater, dem
Präsidenten ist.
Auf dieser ersten Szene baut das gesamte Drama auf. Luises
und Ferdinands Beziehung wird durch zahlreiche Intrigen zerstört, auch, weil
beide Väter gegen ihre Verbindung sind. Letztendlich begehen beide Suizid.
Der Leser/Zuschauer wird ohne Erklärungen mitten in die
Handlung geleitet. Herr Miller geht schnell auf und ab, was seine rasende Wut
untermalen soll. Dabei erklärt er, dass er dem Junker (Ferdinand) Hausverbot
erteilen wird (S. 7, Z. 9-10), weil die Beziehung immer ernsthafter wird und
die Leute schon über die beiden reden (S. 7, Z. 6-8). In diesem Gesprächsakt
bringt er vor allem zum Ausdruck, dass er sich Sorgen um seinen Ruf macht (S.7,
Z. 8-9).
Seine Frau hingegen erklärt ihm, dass er doch an der
Beziehung nicht schuld sei (S.7, Z. 11-12). Hierbei bleibt sie ruhig, was ein
deutlicher Kontrast zum Verhalten ihres Mannes ist und auch allgemein ihre Art
widerspiegelt, sehr gelassen und unbesorgt zu sein.
Herr Miller erwidert, dass es niemanden interessiert, ob er
schuld ist oder nicht (S.7, Z. 13-15), weil er die Beziehung sofort hätte
beenden sollen (S.7, Z. 14-18). Damit zeigt er, dass er sich selbst die schuld
für die Beziehung gibt. Dies lässt sich auch gut an der Anapher „ich“ erkennen.
Mit dem parataktischem Satzbau werden seine Aussagen nochmals verstärkt. Weiter
zeigt er, dass er sich für erfahren hält („das muss ich wissen“, Z. 19) und
daher auch weiß, dass sich der Major (Ferdinand) ohne Probleme aus der Affäre
ziehen kann, sodass alles Unglück über ihn kommt (S. 7, Z. 18-20).
Seine Frau jedoch betont nochmals, dass ihm nichts passieren
kann, weil er ja nur seinem Beruf nachgehe (S. 7, Z. 21-24). Nebenbei schlürft
sie eine Tasse Kaffee aus, womit sie nochmals ihre innere Ruhe und
Unbesorgtheit demonstriert.
Miller aber fragt sie, was denn aus Beziehung werden solle.
Ferdinand könne Luise weder zur Frau nehmen, noch möchte er, dass seine Tochter
zu Prostituierten wird (S. 8, Z. 1-4). Mit dem Satz „Vom Nehmen ist gar die
Rede nicht“ (S. 8, Z. 3) unterstreicht er, wie unmöglich eine Heirat der beiden
ist und mit der Interjektion wird „Guten Morgen!“ (S. 8, Z. 4) unterstrichen,
dass es für ihn eine unmögliche Vorstellung ist, dass seine Tochter zur Prostituierten
oder Mätresse wird. Wie unmöglich beide Vorstellungen für ihn sind, wird auch
den parataktischen Satzbau betont.
Auch stellt er fest, dass so einer wie Ferdinand, der schon
viele Frauen hatte, sich über eine Jungfrau wie Luise sehr freuen würde (S. 8,
Z. 4-8). Dies drückt er sprachlich mit einer Metapher aus (S.8, Z. 7-8), die
noch einmal auf die Besonderheit der Jungfräulichkeit Luises für Ferdinand
hinweisen soll.
Ferner gibt er seiner Frau zu denken, dass man auf die
beiden gar nicht aufpassen kann, da Ferdinand immer ein Schlupfloch fände und
Luise dann schwängern und verlassen würde, sodass ihr Ruf lebenslang zerstört
ist und sie unverheiratet bleibt oder sie zur Mätresse würde (S. 8, Z. 8-15).
Mit der Interjektion „Gib du Acht! Gib du Acht!“ (S.8, Z. 8) möchte er seiner
Frau zeigen, dass sie aufpassen solle, was geschieht. Die Metapher in Z. 9-10
soll ihm nochmals zur Unterstreichung der Unmöglichkeit des Aufpassens auf die
beiden dienen. Seine Christlichkeit, die so gar nicht zu der Möglichkeit, dass
seine Tochter zur Mätresse wird, passt, betont er mit der Interjektion „Jesus
Christus“ (S. 8, Z. 14-15). An seinem Schlag auf die Stirn lässt sich erkennen,
dass er sich immer mehr in seine Wut hineinsteigert.
Daraufhin möchte auch seine Frau ihre Christlichkeit
zeigen,Gott solle sie in Gnaden behüten (S. 8, Z. 16). Herr Miller fordert
aber, dass sich Luise behütet und fragt, was wohl Ferdinands Absicht ist (S. 8,
Z. 17-18). Dabei stellt er selber fest, dass es ihm nur um Luises Aussehen
gehen kann. Diese Absicht scheint er selber gut zu kennen („Mensch ist Mensch.
Das muss ich wissen.“, S.8, Z. 26-27) und kann es Ferdinand auch nicht übel
nehmen (S. 8, Z. 18-27).
Mit dem Bezeichnung „Windfuß“ (S.8, Z. 17) für Ferdinand
möchte er betonen, dass er Ferdinand noch nicht als vollen Mann wahrnimmt,
sondern dieser noch vom Wind getrieben wird. Dies zeigt er auch noch mal mit
dem Vergleich zu einem Admiral (S. 8, Z. 23-25).
Seine Frau erwidert daraufhin, dass Herr Miller, würde er
nur Ferdinands Liebesbriefe an Luise lesen, erkennen würde, dass er Luise liebt
und es ihm nur um diese geht (S. 9, Z. 1-4). Hier wird sie selber
schwärmerisch, wohl auch, durch den eigenen Wunsch nach mehr Zuneigung und
Liebe von ihrem Mann.
Herr Miller erklärt darauf wortgewandt, dass Poesie
letztendlich nur ein Mittel sei,um eine Frau für sich zu gewinnen, dass er
selbst schon angewandt hat (S. 9, Z. 5-12). Seine Ansicht betont er mit
zahlreichen Metaphern, z.B. „Auf den Sack schlägt man; den Esel meint man.“
(S.9, Z. 5-6). Hiermit meint er, dass Ferdinand nur so tut, als würde er Luise
lieben, aber eigentlich nur ihre Jungfräulichkeit bzw. ihren Körper möchte.
Dasselbe drückt auch „Wer einen Gruß an das liebe Fleisch zu bestellen hat,
darf nur das gute Herz Boten gehen lassen.“ (S. 9, Z. 6-8).
Seine Frau widerspricht ihm und verweist auf die Bücher, die
von ihm stammen, und aus den Luise betet (Z. 13-15). Hiermit möchte sie darauf
aufmerksam machen, dass Ferdinand Luises Frömmigkeit fördert, welche Herrn
Miller sehr wichtig ist.
Herr Miller macht seiner Frau daraufhin klar, dass sie keine
Ahnung vom Beten hat (S. 9, Z. 16). Zudem erklärt er nochmals sehr sarkastisch,
dass Ferdinand seiner Meinung nach noch kein voller Mann ist (S. 9, Z. 16-20).
Dies zeigt er mit einer Metapher: „Die rohe Kraftbrühen der Natur sind Ihro
Gnaden zartem Makronenmagen noch zu hart. – Er muss sie erst in der höllischen
Pestilenzküche der Bellatristen künstlich aufkochen lassen.“ Hier lassen sich
gleich zwei Antithesen erkennen, einmal den Widerspruch von „Natur“ (S. 9, Z.
17) und „künstlich“ (S. 9, Z. 19) sowie den von Himmel und Hölle („Betet“, S.
9, Z. 16, „höllisch“, S. 9, Z. 19, „Feuer“, S.9, Z. 20, 25, „überhimmlisch“, S.
9, Z. 21, „Handvoll Christentum“, S. 9, Z. 23, „Teufelszeug“, S. 10, Z. 1, „Schlaraffenwelt“,
S. 10, Z. 2). Auch hiermit möchte Miller zeigen, dass für ihn einerseits die
Natürlichkeit der Dinge, zu der für ihn auch die getrennten Stände gehören,
andererseits die Christlichkeit sehr bedeutend sind. Es ist aber auch
erkenntlich, dass er „Gott“ und „Religion“ nur als Vorwand nutzt.
Mit den beiden Sätzen macht er seine Meinung zur Poesie und
Literatur nochmals deutlich, vor allem, dass ein vernünftiger Mann auch ohne
diese eine Frau gewinnen kann.
Herr Miller beschwert sich, dass sich Luise sehr viel Unsinn
in den Kopf setze und sich schäme, dass er ihr Vater sei. Letztendlich würde
sie ihm so einen vernünftigen Schwiegersohn vertreiben, der auch gut für sein
Geschäft gewesen wäre, dieses vielleicht sogar übernommen hätte. Nun wolle er
Ferdinand befehlen, so schnell wie möglich das Haus zu verlassen (S. 9, Z. 25 –
S.10, Z. 9). In dieser Zeit hat er sich so in seine Wut hineingesteigert, dass
er nun hitzig aufspringt (S. 10, Z. 7) und weg möchte (S., 10, Z. 10).
Seine Frau befiehlt ihm, ruhig zu bleiben und erinnert ihn
an die (materiellen) Vorteile der Beziehung zwischen Ferdinand und Luise (S.
10, Z.11-12), doch Herr Miller unterbricht sie mitten im Satz und erklärt ihr,
dass er um Essen betteln würde, als seine Tochter zu verkaufen. Sie solle
aufhören, Kaffee zu trinken und Tabak zu rauchen und er sei auch satt geworden,
bevor Ferdinand eine Beziehung zu Luise begonnen hätte (S. 10, Z. 13-25).
Hiermit drückt er aus, dass er seiner Frau mittlerweile zumindest eine
Teilschuld gibt, da sie ihm nichts von der Beziehung erzählt hat und diese nur
zu ihrem persönlichen Vorteil nutzt, was auch gut an dem Satz „Schier dich zum
Satan, infame Kupplerin“ (S. 10, Z. 14-15) erkennen ist.
Sie erwidert darauf jedoch, dass er sich nicht so aufregen
soll und sie ja nur meine, dass man Ferdinand nicht vor den Kopf stoßen müsse,
nur weil er der Sohn des Präsidenten sei (S. 10, Z. 26 – S. 11, Z. 2). Hier
verwendet sie das schwäbisch ausgesprochene, aber französische Wort
„disguschtüren“, womit sie ihre feine Bildung ausdrücken möchte und wohl auch
ihrem dominanten Mann beweisen möchte, dass sie etwas zu sagen hat und nicht
dumm ist.
Miller antwortet ihr, dass doch genau das der Punkt sei und
diese Beziehung noch heute getrennt werden müsse. Der Präsident würde ihm
danken, wenn er ein vernünftiger Vater sei und sie solle ihm seine feine Sachen
fertig machen. Er würde sich dann beim Präsidenten anmelden lassen und diesem
erklären, dass sein Sohn ein Auge auf Luise habe, dieser aber zu schlecht sei,
um Ferdinands Frau zu werden, aber zu gut, um seine Prostituierte zu werden.
Das sei es (S. 11, Z. 3-12).
Zum Abschluss dieser Szene zeigt Miller noch mal deutlich
seine Ablehnung gegenüber der Beziehung zwischen Ferdinand und Luise und macht
nochmals klar, dass keine Möglichkeit für die Fortführung dieser bestehe. Mit
der Aussage „Dero Herr Sohn“ zeigt er seine Ablehnung gegenüber den Adel, was
auch gut zu seinem letzten Satz „Ich heiße Miller“ passt, das dieser seinen
bürgerlichen Stolz zeigen soll.
Mit dieser ersten Szene der Tragödie „Kabale und Liebe“
schafft es Friedrich Schiller, in sein Drama einzuführen und macht von Anfang
an die eher unterschiedlichen Positionen von Luises Eltern über die Beziehung
zwischen Ferdinand und Luise deutlich. So sieht Frau Miller vor allem ihre
persönlichen, materiellen Vorteile dieser Beziehung, gönnt ihrer Tochter aber
auch die Liebe, die sie sich selber wünscht. Herr Miller hingegen sieht vor
allem die Irrealität dieser Beziehung, die durch die damaligen Stände nicht zu
seiner Befriedigung geführt werden kann. In dem Gespräch der beiden kann man
erkennen, dass er sehr impulsiv und aufbrausend ist, aber auch sehr besorgt um
seine Tochter. Immer wieder spricht er von christlichen Werten, die er auch als
Vorwand nutzt.
So lernt der Leser/Zuschauer bereits in der ersten Szene
zahlreiche Charaktereigenschaften von Herrn und Frau Miller kennen und erhält
eine Einführung in die allgemeine Situation sowie die Einstellungen zweier
Charaktere zu dieser.
Letztendlich lässt sich bereits hier eine leichte Kritik
Schillers an der Ständeordnung erkennen, da diese es zwei sich Liebenden
verbietet, eine Beziehung und daraus resultierende Ehe zu führen. Dies lässt
sich auch an Millers Stolz, ein Bürger zu sein, und seiner Ablehnung gegenüber
dem Adel erkennen.
Anmerkungen: Eine Analyse solchen Ausmaßes ist in einer normalen Klausur nicht zu schaffen. Die sprachlichen Mittel müssten teilweise genauer gedeutet werden. Den Einleitungssatz sollte man möglichst in zwei teilen. Die Kontextualisierung ist nicht vorhanden (hier müsste ein Ausblick auf die 2. Szene erfolgen).
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