Montag, 29. Dezember 2014

5. Akt, 2. Szene

Ferdinand tritt hinzu; Luise entdeckt ihn und wirft sich ihrem Vater um den Hals

L: Gott! Da ist er! Ich bin verloren!
M: Wo? Wer?
L: Er! Sieh hinter dich! Er ist gekommen, um mich zu ermorden!
M erblickt Ferdinand: Was machen Sie denn hier?
F kommt langsam näher und bleibt gegenüber von L stehen, betrachtet sie: Guten Abend Miller.
M: Was wollen Sie hier?
F: Wie kommt es, dass ich Sie überrasche?
M: Gehen Sie, wenn noch ein Funke Menschlichkeit in Ihnen steckt. Sie vertreiben den Segen aus meinem Haus und bringen das Elend mit sich.
F: Ich bin doch gekommen, um deiner Tochter etwas Erfreuliches mitzuteilen.
M: Etwa neue Hoffnungen, die sie zur Verzweiflung treiben? Geh, du Unglücksbote!
F: Lady Milford ist gerade geflohen und mein Vater erlaubt es mir, dich zu heiraten. Nun bin ich gekommen, um dich zum Altar zu führen.
M: Macht es Ihnen so viel Spaß sich über Luises getäuschte Hoffnungen lustig zu machen?
F: Du glaubst ich scherze. Aber ich schwöre bei meiner Ehre, dies tue ich nicht. Meine Aussage ist genauso wahr wie meine Liebe zu Luise. Zweifelst du noch? Es muss hier üblich sein zu lügen, wenn man meiner Wahrheit nicht traut. Zweifelt ihr immer noch? So glaubt diesem Brief! 
F. wirft Luise den Brief an den Hofmarschall zu, diese faltet diesen auseinander und sinkt leichenblass nieder.
M: Was soll das bedeuten? Ich verstehe das nicht.
F: Aber Luise hat mich umso besser verstanden.
M: Meine Tochter!
F: Bleich wie der Tod! So gefällt sie mir, deine Tochter. So schön war sie noch nie. Es ist ihr erstes wahres Gesicht. Lass es mich küssen! (Will auf Luise zugehen)
M: Zurück! Weg! Vor deinen Lobkosungen konnte ich sie nicht beschützen, vor deinen Misshandlungen aber wohl!
F: Was willst du? Misch dich nicht in unsere Angelegenheiten ein. Luise, hast du diesen Brief geschrieben? Er ist in die falschen Hände geraten. Der Zufall hat mir einen besseren Dienst geleistet als die Vernunft. Ich möchte eine Antwort! Hast du diesen Brief geschrieben?
L nach einem qualvollen Kampf, nach Gesprächen mit ihrem Vater durch Blicke, fest und entschieden: Ich habe ihn geschrieben.
F bleibt erschrocken stehen: Luise! Nein! Du lügst! Ich habe zu heftig gefragt, nicht wahr, du hast es nur gesagt, weil ich zu heftig gefragt habe.
L: Ich habe bekannt, was wahr ist.
F: Nein! Nein! Nein! Du hast ihn nicht geschrieben! Deine Handschrift wurde gefälscht! Sag einfach, dass du den Brief nicht geschrieben hast - egal ob wahr oder falsch. Hast du diesen Brief geschrieben?
L: Ja, bei Gott!
F (nach einer Pause, gequält von fürchterlichem Schmerz): Weib! Weib! Du wusstest, dass du mir alles bedeutest...
L: Nun haben Sie mein Geständnis. Gehen Sie! Verlassen Sie ein Haus, in dem Sie nur unglücklich sind.
F: Noch eine letzte Bitte, Luise. Mir ist so heiß. Holst du mir bitte ein Glas Limonade?
Luise geht ab

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