Mittwoch, 8. Oktober 2014

1. Akt, 7. Szene

F - Ferdinand, P - Präsident

F: Sie haben befohlen, gnädiger Vater.
P: Leider muss ich das, wenn ich dich sehen möchte. Lassen Sie uns alleine, Wurm. Ferdinand, wenn ich dich sehe, sehe ich deine Jugendlichkeit nicht mehr. Dich scheint Kummer zu belasten. Du fliehst vor mir und deinen Kreisen. In deinem Alter verzeiht man eher zehn Fehltritte als eine schwermütige Laune. Überlass das mir und arbeite meinen Plänen zu. Ferdinand, wem zu liebe habe ich die gefährliche Bahn zum Herzen des Fürsten begangen, bin ich auf ewig mit meinem Gewissen und dem Himmel zerfallen? Wem habe ich durch die Hinwegräumung meines Vorgängers Platz gemacht? Ferdinand: Wem tat ich das alles?
F: Doch nicht mir, mein Vater? Es ist besser, gar nicht geboren zu sein, als dieser Misstat zur Ausrede zu dienen.
P: Was war das? Nein, er hat sich durch die Romanlektüre allerlei Vorstellungen gebildet. Lohnst du mir also meine schlaflosen Nächte, meine rastlosen Sorgen? Auf mich fällt die Last der Verantwortung, auf mich der Donner Gottes. Du aber empfängst Glück aus der zweiten Hand, das Verbrechen klebt nicht am Erbe.
F: Hiermit entsage ich dem Erbe, das mich nur an meinen abscheulichen Vater erinnert.
P: Wenn es nach deinem Kopfe ginge, kröchest du dein Leben lang im Staub.
F: Immer noch besser, als wenn ich um den Thron herumkröche.
P: Man muss dich auch zum Glück zwingen. Was zehn andere mit Anstrengung erklimmen, erreichst du spielend. Ich habe beim Fürsten durchgesetzt, dass du Posten erreichen konntest, für die du eigentlich zu jung bist. Du wirst in das Ministerium eintreten. Du wirst eine goldene Zukunft haben. Du kannst den Thron erklimmen - das begeistert dich nicht?
F: Weil ich andere Vorstellungen von Größe und Glück habe, dein Glück entsteht oft nur durch das Leid anderer. Neid, Furcht, Verwünschung sind die traurigen Spiegel, woran sich die Macht des Herrschers belächelt. Tränen, Flüche, Verzweiflung die entsetzliche Mahlzeit, woran diese gepriesenen Glücklichen schwelgen, von der sie wie betrunken aufstehen. Mein Ideal von Glück zieht sich genügsamer in mich selbst zurück. In meinem Herzen liegen alle Wünsche begraben.
P: Herrlich! Wieder eine Vorlesung, die wenig mit der Realität zu tun hat! Mein Kopf ist fürs Lernen zu zäh, schade! Doch damit dieses Talent nicht einrastet, werde ich dir jemanden zur eite geben, bei dem du solche Vorträge problemlos halten kannst. Noch heute wirst du dich entschließen, eine Frau zu nehmen.
F: Aber Vater?
P: Ohne Ausreden! Ich habe Lady Milford in deinem Namen eine Karte geschickt. Du wirst sofort zu ihr gehen und ihr sagen, dass du ihr Bräutigam bist.
F: Lady Milford, Vater? Bin ich so verächtlich? Würden Sie der Vater von dem Schurken sein wollen, der eine privilegierte Hure heiratet?
P: Noch mehr, ich würde selbst um sie werben, wenn sie mich wollte!
F: Ich bitte Sie! Lassen sich mich nicht länger in einer Vermutung, die es mir unmöglich macht, mich Ihren Sohn zu nennen. 
P: Wer würde nicht mit seinem Fürsten ins Bett wechseln wollen?
F: Sie nennen es eine Ehre, eine Frau mit dem Fürsten zu teilen? Sie können lachen! Jeder Handwerker bekommt einen jungfräulichen Körper als Mitgift! Vater, Sie können durch die Hinwerfung Ihres einzigen Sohn nicht so glücklich werden, wie Sie mich unglücklich machen. Ich gebe Ihnen mein Leben, wenn Ihnen das hilft. Vater, würden Sie mir meine Größe nehmen, so war es leichtfertig, mir das Leben zu geben und ich muss Sie verfluchen!
P: Jetzt sehe ich, dass du ein ganzer Kerl bist und die beste Frau im Herzogtum verdienst. Noch heute wirst du dich mit Gräfin von Ostheim verloben.
F: Vater, von Ostheim könnte jeden anderen zum Glücklichsten machen. Meinen Dank, aber ... aber ich kann die Gräfin nicht lieben.
P: Jetzt hab´ich dich, bist mir in die Falle gegangen! Du verabscheust also die Heirat! Bleib hier! Du bist bei der Lady gemeldet. Der Fürst hat mein Wort. Stadt und Hof wissen bescheid. Wenn du mich zum Lügner machst oder ich hinter gewisse Geschichten komme --- Was bist du auf einmal so blass?
F: Wie? Was? Es ist nichts!
P: Wenn ich eine Spur finden sollte ... Der bloße Verdacht bringt mich zum Rasen. Die Wachparade fängt an. Du wirst bei der Lady sein, sobald die Parole war. Wenn du nicht dort bist, musst du vor meinem Zorn fliehen.
F: Ja, ich will zu der Lady, ihr einen Spiegel vorhalten. Nichtswürdige! Lady, umgürte dich mit dem ganzen Stolz Englands! Ich gebe dir einen Korb - ein deutscher Jüngling!

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