Sonntag, 21. September 2014

Kabale und Liebe in moderner Sprache, 1. Akt, 2. Szene

F - Frau, W - Wurm, M - Miller

F: Guten Tag, Sekretär Wurm.
W: Wo ein Adliger ist, da interessiert man sich nicht für mich.
F: Was Sie nicht sagen! Ferdinand ist immer mal wieder da, aber deswegen verachten wir doch niemanden!
W: Wie geht es denn Luise? Ist sie noch meine Zukünftige?
F: Luise ist doch nicht hochmütig (überheblich, stolz)! Leider ist sie eben in die Messe gegangen.
W: Das freut mich. Ich werde eine fromme, christliche Frau haben!
F: Wenn wir Ihnen sonst irgendwie helfen können ...
W: Danke.
F: Aber Sie werden doch selbst sehen, dass gut gut ist und besser besser. Sie verstehen doch, dass man dem Glück seines einzigen Kindes nicht im Weg stehen möchte?
W: Wie meinen Sie das denn?
F: Nun, der liebe Gott will meine Tochter ja wohl als Madam haben ...
W: Was?!?
M: Bleiben Sie sitzen! Wie soll Luise denn zur Madam werden?
F: Reg dich nur auf. Ich weiß, was Ferdinand gesagt hat.
M: Halt den Mund! Was kannst du denn wissen? Sorgen Sie sich nicht um den Quatsch! Wurm, Sie werden doch nicht denken, dass ich durch Luise aufsteigen möchte?
W: Eigentlich waren wir schon so gut wie verlobt. Ich kann eine Familie ernähren und habe die Chance mich hinaufzuarbeiten. Meine Absichten sind ernsthaft!
M: Es bleibt beim Alten. Ich zwinge meine Tochter nicht. Wenn Sie um Luise werben und sie ja sagt, muss sie zusehen, dass sie glücklich wird, wenn sie nein sagt - noch besser - akzeptieren Sie dies. Was sollte es mir bringen, Luise zu etwas zu zwingen? Mich würde nur das schlechte Gewissen plagen!
F: Ich stimme dem nicht zu. Luise ist zu etwas Höherem bestimmt, und ich klage, wenn mein Mann sich zu etwas beschwatzen lässt!
W: Ein väterlicher Rat vermag bei Töchten viel. Sie kennen mich doch, oder?
M: Das Mädchen muss Sie kennen. Sie sehen nicht gut aus. Ich kann nicht sagen, ob Sie zu meiner Tochter passen. Ich rate meiner Tochter zu keinem, aber ich werde Luise von Ihnen abraten. Denn wer es nicht schafft, meine Tochter selbstständig zu überzeugen, dem traue ich nichts zu. Sie scheinen ein Hasenfuß (ängstlich) zu sein. Ein Mann muss ein Mädchen hinter dem Rücken der Eltern von sich zu überzeugen und das Mädchen muss nur noch diesen wollen. Das ist Liebe!
W: Meine Empfehlung.
M: Er hört nicht auf mich - es ist wie Gift, wenn ich ihn sehe. Ein verbotener, widriger Kerl, der nicht hierhin gehört. Mit kleinen, tückischen Mausaugen, brandrotem Haar. Nein, meine Tochter soll so einen Kerl nicht heiraten, lieber soll sie ...
F: Der Hund!
M: Du aber auch mit diesem höllischen Ferdinand! Was sollte das Gelaber von unserer Tochter als gnädige Madam? Das ist mir der Rechte. Dem muss man sowas sagen, wenn´s morgen die ganze Stadt wissen soll! Dann hören´s der Fürst und der Präsident - und schwupps hast das Donnerwetter am Hals!

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